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Lohnt sich schulpolitisches Engagement?

Mal Klassensprecher werden? Oder gar Schulsprecher? Falls ihr mit dem Gedanken spielt: Gastautor Robin Schütte und Nick streiten darüber, ob das eine gute Idee ist.

Ja!

In meiner Zeit als Klassen-, Stufen- und Schulsprecher habe ich unzählige Male das Gefühl gehabt, etwas für meine Mitschüler bewirkt zu haben. Das Bedürfnis nach Veränderungen war vorhanden. Immer wieder hörte ich von Mitschülern, dass sie sich an der Schule etwas anders vorstellten, als es zu dem Zeitpunkt lief.

Sei es, dass sie sich Essenstabletts für die Kantine wünschten, oder dass Duftspender in den Toilettenräumen installiert werden. Wenn bereits wenige Schüler die Verbesserungen bemerken, dann ist der eigene Arbeitsaufwand nebensächlich. Die Frage, ob sich Engagement an Schulen lohnt, sollte nicht nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip beurteilt werden, denn jede noch so kleine Verbesserung hat ihren Wert. Und da es an jeder Schule immer etwas zu tun gibt, kann man sich über fehlende Aufgaben nicht beschweren.

Des Weiteren lernen engagierte Schüler die Interessen, die sie vertreten, zu formulieren, durchzusetzen und zu implementieren. Das auf kleiner Ebene in der Schule zu üben, kann hilfreich sein, denn es ist die Grundlage eines jeden politischen oder der Politik ähnlichen Handelns, also in jedem Job wichtig. Auch für die wählenden Schüler ist es eine Demokratieübung. Die Partei/Gruppe mit welcher ich sympathisiere, wähle ich. In verschiedenen Gremien gibt es Partizipationsmöglichkeiten. Ich habe einen Ansprechpartner bei Fragen und Anregungen. All das sind Erfahrungen, welche Schüler in der Schule in einem geschützten Raum machen können, bevor sie selbst das erste Mal wählen dürfen. Die Demokratieübung in der Schule schützt zwar nicht vor „falschen“ Wahlentscheidungen, doch so wie bei Mathearbeiten erhöht es die Wahrscheinlichkeit der „richtigen“ Antwort, wenn man es zuvor öfter geübt hat.

von Robin Schütte

Nein!

Nicht, wenn „sich lohnen“ heißt, dass das Engagement für diejenigen, für die sich engagiert wird — die Schüler — irgendeinen Mehrwert hat und ihre grundsätzliche Situation ändert. Auf welche Verheißungen stößt man denn in gängigen Schulsprecherprogrammen? Duftspender, Sportfeste, Snackautomaten und W-Lan in der Pausenhalle. Fragwürdig zusammengefasst unter dem Schlagwort „Schulalltag“.

Das sind allerlei Annehmlichkeiten, doch nichts, was die eigentlichen Probleme eines Schülers berührt: Lehrer, die nicht zum Unterrichten geeignet scheinen, ineffektive Unterrichtsformen wie der „Fishbowl“, Lernmaterial, das Inhalte weniger verständlich vermittelt, als verkomplizierend vernebelt. Denn Schulalltag heißt primär Unterricht und nicht das Drumherum. All diese gerade geäußerte, etwas überspitze Kritik mag diskutabel sein, doch sie lässt sich eben nicht wirksam diskutieren oder gar in Veränderungen übersetzen, denn zu diesen Bereichen hat der engagierte Schüler gar keinen Zugang. Wenn zum Beispiel ein Jahrgang nach dem anderen beklagt, dass ein Lehrer vollkommen an den Abiturthemen und den Schülern vorbei unterrichtet, dann gibt es keine Interventionsform für die Schüler und es hat keine Konsequenzen für den Lehrer. Vielleicht wird ein Gespräch mit dem Abteilungsleiter geführt, auf die Behörde verwiesen und zugestanden, dass das jetzt sicher enttäuschend sei, doch damit hat es sich dann auch.

So kann kein Schüler trotz guter Argumente und Dringlichkeit wirkliche Verantwortung tragen und registrieren, dass sein selbstloses Engagement für alle etwas ändert. Deshalb ist das meiste Schüler-Engagement rein dekorativ. Als buntes Bild in der Pausenhalle oder aber als Aufhübschung im Zeugnis des Schulsprechers. Und weil Engagement aussichtslos ist, engagieren sich wenige Schüler, resignieren und machen es sich schon in der Politikverdrossenheit bequem. Was wäre eine Alternative? Zum Beispiel die Infinita in Hamburg, eine von zehn demokratischen Schulen in Deutschland, in der die Schüler die Regeln der Schule in Diskussionen und Abstimmungen selbst  festlegen. Solange man das Entscheidende in der Schule aber nicht mitentscheiden kann, bleibt das Engagement in seiner jetzigen Form Schreiben im Sand.

von Nick Prahle

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