Wir sind Generation To Go. Mit dem Smartphone nehmen wir Konversationen, Musik, Wissen in der Jackentasche mit, auf dem E-Book-Reader unsere Bücher, beim Pizzaservice unser Abendessen und seit einigen Jahren vom Dealer unseres Vertrauens unsere tägliche Droge, den Kaffee.
Im meist viel zu heißen Pappbecher schwappt er dann mit uns auf dem Weg zur nächsten Vorlesung, zur U-Bahn, zurück in den Unterricht oder in Richtung Arbeit. Tiefschwarz und stark, mit Soja-, Halbfett- oder laktosefreier Milch, nach Vanille oder Karamell duftend, rettet er jeden Morgen.
Aber weißt du, wie du dein Kaffee-Erlebnis noch verbessern kannst? Es fängt bei der Bestellung an.
Kein Gestammel mehr, kein verzweifeltes Starren auf die verwirrenden Tafeln voller Lattes, Macchiatos und Ristrettos – nach der Lektüre des einzig wahren Guides, wirst du dich in der Welt der Coffeeshops auskennen, wie kein anderer.
1. All that she wants … is another coffee
Müde schleppst du dich in den nächstbesten Coffeeshop. Dein Körper schreit nach Koffein. Aber du solltest nicht dem ersten, dahergelaufenen Filterkaffee nachgeben. Du willst etwas besonderes. Also lass dir Zeit. Auf die Nachfrage der Tresenkraft solltest du bedächtig reagieren – du bist schließlich noch nicht mal richtig wach. Keep cool, Baby. Auch wenn sich hinter dir die Massen stauen, der Kunde ist König, und der bist gerade du.
2. Nachfragen
Ein wichtiges Kriterium für guten Kaffee sind die Bohnen. Sind es Arabica, Robusta oder eine der anderen 40 Bohnensorten? Von welcher Marke wurden sie abgepackt und sind sie Fairtrade? Auf welchem Berghang sind sie gewachsen, wie hieß der Arbeiter, der sie geerntet hat? Wie werden sie gelagert? Werden sie frisch gemahlen? Liegt die Wassertemperatur an der Kaffeemaschine genau bei 90°C? Kann der Mitarbeiter deine Fragen nicht beantworten, mach deinem Ärger darüber Luft. Wir leben in Deutschland! Ist es denn die Möglichkeit, dass dieser unqualifizierte Kretin sich anmaßt, dir einen Kaffee aufschwatzen zu wollen, der eventuell von minderer Qualität ist? Wenn du dich nur laut genug beschwerst, wird schon irgendwann sein Vorgesetzter kommen, der dir diese wichtigen Fragen beantworten kann.
3. Triple Shot Cappuccino Laktosefrei Iced Toffee halb süß
Zum Glück weißt du jetzt, dass deine Arabica in 1.892 Metern Höhe gewachsen sind, der Venezolaner, der sie geerntet hat, Giancarlo und seine Frau Mariá heißt. Jetzt geht’s ans Bestellen. Du achtest sehr auf deine Gesundheit, magst es aber süß, deshalb nur einen Spritzer Sirup. Toffeesirup. Dann mit laktosefreier Milch natürlich, und bitte auf Eis. Drei Shots Espresso sollen auch noch rein und ach ja, generell soll es ein Cappuccino werden! Und bitte to go. Wenn der Mitarbeiter an der Kasse nun alles neu eingeben muss, reagiere genervt. Und solltest du nicht gerade bei Starbucks sein, beschwere dich darüber, dass hier nicht dein Name auf deinen Kaffeebecher geschrieben wird – Frechheit. Als wäre das so schwer.
4. Wartezeit versüßen
Warten ist etwas Ätzendes. Die eigene Lebenszeit durch die Unzulänglichkeit anderer Leute verrinnen zu sehen, kannst du kaum ertragen. Du hast nun mehrere Möglichkeiten. Entweder du nutzt die Gunst der Stunde und verschwindest auf der Toilette, um dein Morgengeschäft gleich hier zu erledigen. Wenn nach deiner Rückkehr dein Kaffee schon dasteht, gibt es richtig Ärger. Kann ja wohl nicht sein! Der ist ja schon total kalt! Da geht kein Weg dran vorbei, du brauchst einen neuen. Hat der Barista mitgedacht und mit deinem Kaffee gewartet, schützt ihn das nicht vor deiner Schimpftirade. Ob es sein Ernst sei, du warst jetzt so lange auf der Toilette, hat er das nicht in dieser langen Zeit mal hingekriegt?
Wenn du gerade nicht musst, kannst du die Zeit auch nutzen, etwas Neues zu lernen. Stell dich einfach ganz nah an den Tresen und schau dem Barista auf die Finger. Lass dir alles erklären, wie das mit den Siebträgern ist, wie lange der Espresso durchläuft, wie man die perfekte Milch aufschäumt. Und wo du das gerade siehst, du möchtest deinen Kaffee doch mal mit Sojamilch probieren, macht doch nix, den schnell neu zu machen, oder?
Ansonsten kannst du auch schnell auf Yelp, Ciao oder Google eine Bewertung dalassen. Spare nicht mit Kritik – nur dadurch wird man besser.
5. Der fulminante Abgang
Nachdem du deinen perfekten Kaffee erhalten hast, gehst du damit zur Milch-und-Zucker-Station. Vorher solltest du nicht vergessen, kurz zu probieren, ob er auch richtig gemacht wurde. Wenn du dir den Mund verbrennst, teile das deiner Umwelt mit – der blöde Barista hat doch tatsächlich die Milch zu heiß gemacht! Trinktemperatur 60°C – hat er dir doch gerade noch selbst erklärt.
Dann diese Plastikdeckel, die sind so umständlich. Drängel dich zur Kasse vor und lass den Mitarbeiter den Deckel aufsetzen. Er muss das schließlich am besten können. Ach, und wenn du einmal hier vorn stehst und mit ihm sprichst, kann er dir noch schnell einen Muffin zum Mitnehmen einpacken.
Mit deinem Kaffee in der Hand und dem Muffin unter dem Arm gehst du nun in Richtung Ausgang. Doch am besten schmeckt doch beides zusammen, oder nicht? Beim Auspacken des Muffins stolperst du über die Läuferkante und legst dich der Länge nach hin, nicht ohne dir selbst und den anderen Gästen eine heiße laktosefreie Triple-Shot-Cappuccino-Dusche zu verpassen. Jetzt reicht es. Der Laden wird verklagt und geht hoffentlich bald pleite – nur um dann einem neuen Coffeeshop zu weichen, der hoffentlich deinen Anforderungen an einen guten Kaffee genügen wird.